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Heteropteryx dilatata (PARKINSON, 1798)Weibliche Tiere dieser Art zählen zu den schwersten Insekten der Welt. Tiere aus unserem Zuchtstamm haben bis zu 17 cm Körperlänge. Foto Timm Adam.


Unter Vivaristik wird die Haltung von Tieren (und auch anderen Lebewesen) in Terrarien (Terraristik) und Aquarien (Aquaristik) zusammengefasst. Traditionell denkt jeder bei dem Wort Terrarium an Reptilien und vielleicht noch an Amphibien. Doch mittlerweile boomt auch die Haltung von Wirbellosen und von kleinen Säugetieren in Terrarien. Beim Wort Aquarium denkt jeder an Fische. Aber auch hier vollzieht sich ein Wandel. Während früher Schnecken nur als Plagegeister angesehen wurden und möglichst schnell vernichtet werden sollten, kommt es heute schon einmal vor, dass Apfelschnecken in Artbecken gepflegt und vermehrt werden. Ebenso war die Haltung von Krebsen in Aquarien die absolute Ausnahme. Doch auch dies ist heute nicht mehr so.  

Natürlich kann man auch einige Tiere frei in einem Zimmer oder einem Wintergarten halten. Dann ist es eben technisch gesehen ein etwas größeres Terrarium oder eher Gehege. Dies empfiehlt sich z.B. besonders bei großen Radnetzspinnen. Auch einige Gottesanbeterinnen (erwachsene Weibchen) können auf Zimmerpflanzen gut gehalten werden, da sie recht standorttreu sind.

Eine noch nicht genau bestimmte Creobroter-Art aus Thailand. Die Tiere der Gattung Creobroter sind dankbare Terrarienpfleglinge und zugleich recht ansprechend gefärbt. Foto Timm Adam


Wenn auch eher selten, so kann man auch im sogenannten "Zoofachhandel" hin und wieder Wirbellose kaufen. Leider muss man sich im Klaren darüber sein, dass das Personal keinerlei Ahnung von den Tieren hat. Ein Beispiel, das jeder beim nächsten Besuch eines Aquariengeschäftes nachprüfen kann: In jedem gängigen Aquariengeschäft findet man im Sortiment "Rote Krabben", "Rote Mangrovenkrabben" oder kleine, rötliche Krabben die mit irgend einem Namen versehen sind. Was man nie findet, ist die korrekte wissenschaftliche Bezeichnung oder das Herkunftsgebiet der Tiere. Auch interessant dürfte die Nachfrage über die Haltungsbedingungen, die Unterscheidung von Geschlechtern, usw. bei einem Verkäufer werden. Bei größeren Zoogeschäfts-Ketten können sie sich ja mal den Abteilungsleiter kommen lassen..........Um es etwas abzukürzen, es handelt sich hier um Krabben (Brachyura) der Familie Grapsidae (Springkrabben) Gattung Sesarma. Die Art dürfte etwas schwieriger herauszufinden sein (es gibt ca. 140 Sesarma-Arten, laut GONELLA handelt es sich meist um Sesarma bidens). Was aber wichtig ist, die Tiere benötigen eine Struktur um aus dem Wasser herauszukommen und leben normalerweise im Brackwasser. Sie nehmen bei der Pflege im reinen Süsswasser wohl keinen Schaden, aber zusammen mit anderen Fehlern bei der Pflege hat der durchschnittliche Aquarianer kaum lange Freude an diesen Tieren. Auch die Grapsidae benötigen das Meer zur Fortpflanzung. Der eigentliche Witz an der Geschichte ist, dass es ebenfalls in Südostasein kleine Krabbenarten gibt, die sich komplett im Süßwasser fortpflanzen. Warum werden solche Tiere nicht importiert und verkauft? Nun weil es billiger ist, die Sesarma-Arten in Massen zu importieren. Die reinen Süßwasser-Arten müssten erst gesucht und erfolgreich vermehrt werden. An sich stellt dies kein Problem dar. Das Problem ist wesentlich grundsätzlicher: Solange Wildfänge in großen Mengen billig importiert werden können, interessiert sich kein Händler wirklich für Nachzuchttiere aus Mitteleuropa. Diese Einstellung ist leider immer noch weit verbreitet und findet sich bei anderen Tiergruppen immer wieder, zu einem nicht unerheblichen Teil auch bei Zierfischen. Zum Thema Sesarma in Aquarienfachgeschäften: Vor einiger Zeit sah ich in einer Kölle-Zoo Filiale diese Tiere sogar mit einem wissenschaftlichen Namen versehen, allerdings hoffnungslos falsch geschrieben. Gleichzeitig wurden andere Wirbellose wie Gottesanbeterinnen, Tausendfüßer und Gespenstschrecken angeboten. Die Haltungsbedingungen für diese Tiere waren jedoch so dermaßen schlecht, dass dies jeder Beschreibung spottet. Ich frage mich wirklich, ob gewisse Menschen überhaupt die Fähigkeit besitzen, etwas zu lernen.

Es ist wohl klar, dass zuerst einmal Tierarten aus ihrem Herkunftsgebiet zu uns kommen müssen, um überhaupt in Vivarien etabliert werden zu können. Gerade bei Wirbellosen ist aber der glückliche Umstand gegeben, dass sie in den allermeisten Fällen Nachwuchs im Überschuss produzieren und oft auch sehr kurze Generationsdauern aufweisen. Es gibt also eigentlich keinen stichhaltigen Grund Wirbellose in Massen zu importieren. Einige Exemplare reichen aus und für einige Arten müssen in nachfolgenden Jahren nur ab und zu wieder einzelne Tiere nachgeholt werden um den Genpool der Art im Vivarium aufzufrischen. Bei vielen Tieren ist selbst dies nicht notwendig, sie halten sich jahrzehntelang und über Generationen topfit im Terrarium oder Aquarium ohne eine sogenannte Inzuchtdepression zu zeigen.


1200 Nymphen von Lasiodora difficilis müssen erst einmal versorgt sein. Wer so mit Nachwuchs gesegnet ist, gibt auch gerne ein paar ab. Foto Timm Adam.

Nun, es gilt im Prinzip das gleiche wie bei vielen Wirbeltieren auch: Die Züchter solcher Tiere wissen im Normalfall am meisten über ihre Pfleglinge. Jeder, der Wirbellose züchtet, gibt auch immer wieder Tiere ab. Dies gilt eigentlich ohne Ausnahme, weil die absolute Mehrheit aller Wirbellosen eine solch ungeheure Menge an Nachkommen produziert (Beispiele: Gottesanbeterinnen bis ca. 400, Vogelspinnen bis zu 2000, Achatschnecken der Gattung Achatina ca. 100 pro Gelege). In der freien Natur wird ein Großteil von anderen Tieren gefressen. Im Terrarium bemüht man sich jedoch, möglichst viele davon durchzubringen; aber auch der ehrgeizigste Pfleger erreicht hier schnell seine Grenzen. Bei räuberischen Arten dezimieren sich die Tiere meist untereinander, lässt man sie lange genug zusammen. Aber selbst wenn man 50 Gottesanbeterinnen einer etwas größeren Art bis zu einem gewissen Stadium gezogen hat -  nun reicht der Platz, die Zeit zum Füttern, usw. einfach nicht mehr. Also werden regelmäßig Tiere zum Kauf oder Tausch angeboten. So werden auch Neueinsteiger schnell fündig. Auch im Internet wird die Zahl der Händler größer. Meine Empfehlung ist jedoch, die ebenfalls mittlerweile sehr zahlreich und bundesweit stattfindenen Börsen zu besuchen. Auf keiner Terraristikbörse fehlen heutzutage zahlreiche Arten von Wirbellosen. Aber auch auf sogenannten Insektenbörsen steigt die Zahl der Anbieter von lebenden Tieren. Früher dominierten diese Börsen Hobbywissenschaftler, denen für ihre Beschäftigung präparierte Insekten, in der Hauptsache die beiden größten Gruppen Käfer und Schmetterlinge, ausreichten. Aber was ist schon ein toter Riesenkäfer auf der Nadel, wenn man die gleiche Art über die eigene Hand laufen lassen kann? Während man bei der Bestellung im Internet in aller Regel in Vorleistung gehen muss, kann man sich auf Börsen direkt anschauen, was man kauft und erhält vielleicht noch weitere Informationen zu den Tieren. Keinesfalls will ich alle Internet-Anbieter über einen Kamm scheren oder schlechtreden, aber gerade für Anfänger ist es der bessere Weg, sich zuerst einmal umzuschauen.


Der Schlupf einer Oothek der Gottesanbeterinnenart Stagmomantis carolina. Deren Ootheken entschlüpfen "nur" ca. 40-50 Tiere. Aber auch das reicht dem Hobbyzüchter um durchaus beschäftigt zu sein. Foto Timm Adam.